Pressemitteilung Düsseldorf den 06.04.2023 Handelsblatt Research Institute

Handelsblatt Research Institute rechnet mit Rezession

Das Handelsblatt Research Institute (HRI) hat seine Konjunkturerwartungen für das laufende Jahr auf nunmehr minus 0,2 Prozent gesenkt. Nachdem die Wirtschaft im Schlussquartal 2022 um 0,4 Prozent geschrumpft ist, erwartet das HRI auch für das zu Ende gegangene erste Quartal einen ähnlich starken Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Leistung. Die deutsche Wirtschaft wäre damit nicht nur in eine technische Rezession gerutscht, sondern werde auch im Vorjahresvergleich schrumpfen.

Ab dem Frühjahr dürfte sich die Konjunktur zwar stabilisieren; doch einen echten Aufschwung erwartet das HRI nicht. Die Wirtschaftsleistung werde am Ende dieses Jahres in etwa auf dem Niveau von vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie Anfang 2020 liegen.

„Inflation, Ukraine-Krieg und Corona haben insbesondere die abhängig Beschäftigten und die Rentenempfänger ärmer gemacht“, sagt HRI-Präsident Bert Rürup. „Es fehlen faktisch vier Jahre Wachstum. Solch eine lange Phase der Stagnation hat es im Nachkriegsdeutschland noch nicht gegeben. Anders als von der Bundesregierung behauptet ist die deutsche Volkswirtschaft ökonomisch keineswegs gut durch die Doppelkrise gekommen.“

Für das kommende Jahr sieht das HRI allenfalls eine leichte Erholung – die deutsche Wirtschaft dürfte 2024 um 0,9 Prozent zulegen. Damit wäre Deutschland Schlusslicht unter den Volkswirtschaften des Euroraums. Laut EU-Prognose wird Spaniens Wirtschaft 2024 um zwei Prozent, Frankreichs um 1,4 und Italiens um 1,0 Prozent zulegen. Für den gesamten Währungsraum erwartet die EU-Kommission für 2024 immerhin 1,5 Prozent Wachstum, nach einem Plus von 0,9 Prozent im laufenden Jahr.

Die Inflation wird nur langsam zurückgehen. Nach 6,9 Prozent im vergangenen Jahr dürften die Verbraucherpreise im laufenden Jahr um durchschnittlich 5,6 Prozent und 2024 noch um 3,2 Prozent zulegen. Binnen vier Jahren wird das Preisniveau dann um rund 20 Prozent gestiegen sein – zuvor hatte es 15 Jahre gedauert, bis die Preise in vergleichbarem Maße angestiegen waren.

Trotz hoher Lohnforderungen einiger Gewerkschaften stehen die Chancen für die Konsumenten schlecht, die Reallohnverluste in den zurückliegenden drei Jahre rasch ausgleichen zu können. Dies hat zur Folge, dass der private Konsum im laufenden Jahr leicht um 0,1 Prozent schrumpfen wird. Für 2024 rechnet das HRI zwar mit einem Zuwachs des privaten Konsums um 0,6 Prozent, gleichwohl wäre das Niveau dann noch immer geringer als im Vor-Corona-Jahr 2019.

Die zahlreichen Hilfs- und Rettungspakte der vergangenen drei Jahre haben die Schulden des Staates in die Höhe getrieben. Zum Jahresende 2022 summierten sich die Schulden von Bund, Ländern und Gemeinden auf 2,37 Billionen Euro – vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie waren es noch 1,9 Billionen. Überdies trifft die Zinswende den Bundeshaushalt mit voller Wucht, da der Bund derzeit massiv neue Kredite aufnimmt. In diesem Jahr wird der Bund fast 40 Milliarden Euro für seinen Zinsdienst aufwenden müssen, 2021 waren es noch 3,85 Milliarden Euro. Diese Belastungen machen den Staatshaushalt anfälliger für Krisen. Sowohl die Finanzierung weiterer Hilfsmaßnahmen im Falle neuer externer Schocks als auch die von dringend notwendiger Wachstumspolitik werden schwieriger.

„Jetzt rächt sich, dass die vergangenen Bundesregierungen es versäumt haben, die Wachstumskräfte zu stärken“, betont HRI-Präsident Rürup. „Ohne ein beherztes Gegensteuern der Regierung droht die gegenwärtige Konjunktur-Flaute zu einem Standortnachteil und einer veritablen Wachstumsbremse für das Land zu werden.“

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